Laut Bundesamt für Statistik (BFS) waren 2016 in der Schweiz 10 724 reine Elektroautos immatrikuliert – noch nicht viel gegenüber den 4,5 Millionen benzinbetriebenen Autos. Doch ist der Elektroantrieb tatsächlich eine Alternative? Wir haben den BMW i3 auf Herz und Nieren geprüft.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Mit motorisierter Fortbewegung verbinden wir das entsprechende Motorengeräusch. Und damit wären wir schon beim ersten Unterschied zu den Autos, wie wir sie bisher kennen: Der BMW i3 setzt sich in Bewegung und wir hören – nichts. Oder besser: fast nichts, denn ein leises Surren lässt sich vernehmen. Aber nur, wenn man das Radio abstellt. Das ist ungewohnt und für manche wohl wenig sexy. Dafür wird das Fahrerlebnis ziemlich entspannt. Kein Aufheulen, kein Stottern, kein Wackeln. Wie auf Schienen gleitet der i3 über den Asphalt.

Doch von vorn. Der BMW i3 wirkt kompakt und praktisch. Rein äusserlich weisen einige Details daraufhin, dass wir es mit einem E-Fahrzeug zu tun haben. Dezente blaue Details an der Karrosserie kennzeichnen die E-Linie des Münchner Autoherstellers. Auffällig ist auch die Bereifung. Die Pneus sind sehr gross, sehr schmal und haben einen niedrigen Querschnitt – ungewohnt in der Optik und auch im Fahrverhalten. In engen Kurven wie etwa auf Bergstrecken wirkt der BMW etwas ruckelig, generell geraten die Pneus schneller an die Grenzen ihrer Bodenhaftung als herkömmliche Fahrzeuge. Doch das hat einen guten Grund: Geringerer Roll- und Luftwiderstand senkt den Stromverbrauch ebenso wie die dadurch erreichte Gewichtsersparnis. Denn je mehr Gewicht der Elektroantrieb bewegen muss, desto geringer wird die Reichweite. Jedes Gramm zählt also.

Wer jetzt die schlimmsten Befürchtungen bezüglich des Interieurs hegt, kann sich entspannen. Der Innenraum kommt übersichtlich und elegant daher. Es wurden leichte Materialien verbaut, man hat jedoch Wert auf Qualität gelegt. Einzig die Grifflösung an den Türen innen könnte etwas durchdachter sein. Schnell bekommt man die Innenverkleidung statt an der Griffmulde an der falschen Stelle zu fassen. Gut vorstellbar, dass sich da im Laufe der Zeit mal eine gewisse Materialermüdung zeigt. Ansonsten ist der Einstieg dank Portaltüren auch auf die Hinterbank durchaus bequem zu bewerkstelligen. Allerdings muss dafür auch die Vordertür geöffnet werden und Fahrer/Beifahrer müssen die Gurte gelöst haben, denn diese sind jeweils an der B-Säule befestigt. Das Platzangebot hinten ist begrenzt, doch auf den Vordersitzen ist es selbst für grössere Fahrer durchaus ausreichend. Sitz- und Lenkradposition lassen sich schnell an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen.

Aber das ist Nebensache, die Hauptrolle spielt der Antrieb. Herzstück des BMW i3 ist der 125 kW / 170 PS starke Elektromotor, der beeindruckend viel Power auf die Strasse bringt. Wenn die Ampel auf Grün schaltet, kann man auch PS-starken Benzin- oder Dieselautos die Rücklichter zeigen. Bei höheren Geschwindigkeiten jedoch sinkt die Reichweite dramatisch schnell. Im Testbetrieb zeigt sich, dass der i3 zwar sowohl Bergstrecken als auch Autobahnfahrten gut bewältigt und auch hier den Claim «Freude am Fahren» durchaus erfüllt. Doch das kostet Energie. Das Grundproblem ist aber nicht der BMW, sondern die Technologie an sich. Um die Batterie wieder auf 80 Prozent ihrer Kapazität zu bringen, wartet man an der Ladestation knapp drei Stunden. An der normalen Haushaltssteckdose dauert es mehr als neun Stunden. Deutlich unter einer Stunde sind es an einer Gleichstrom-Schnellladesäule, von denen es allerdings noch nicht sehr viele gibt. Im Testbetrieb haben wir knapp 300 Kilometer geschafft. Das bedingtjedoch sehr umsichtiges Fahren im sparsamsten Modus ECO PRO+. Und das heisst: keine zusätzlichen Stromverbraucher wie Klimaanlage einschalten und eine Geschwindigkeit von maximal 90 Stundenkilometern. Entspannung bringt bei sinkendem Ladepegel der Range Extender, ein benzinbetriebener Generator, der zugeschaltet werden kann, wenn der Ladezustand der Batterie unter 75 Prozent fällt.

Wenn der i3 dann durstig wird, hilft das Navi, das die nächstgelegenen Ladestationen anzeigt. Das grosse Display an der Mittelkonsole lässt sich einfach bedienen und bietet eine Fülle an nützlichen Informationen. Hier findet man die gewohnt hohe BMW-Qualität: Alle Funktionen, die man auch von anderen Fahrzeugen gewohnt ist, sind vorhanden. Und wo man früher Rundinstrumente hatte, findet sich beim i3 ein Display mit allen für den Lenker relevanten Informationen. Der aktuelle Stromverbrauch ist immer eingeblendet und zeigt direkt den Effekt der Energierückgewinnung, wenn man vom Gaspedal geht. Dann verlangsamt sich das Fahrzeug bis zum Stillstand. Nach einigen Kilometern hat man den Dreh raus und der Ehrgeiz, möglichst effizient zu fahren, ist schnell geweckt. Sicherheit ist durch diverse Fahrassistenzsysteme wie Abstandskontrolle, Hinderniswarnung und Tempomat gegeben. Unser Fazit: Der BMW i3 macht Spass. Einziger Wermutstropfen ist noch die Reichweite. Damit bleibt der i3 (noch) ein Fahrzeug für eher kürzere Strecken. Zudem sollte man seine Fahrten planen – was für die meisten noch ungewohnt sein dürfte. Doch BMW hat in den nächsten Jahren bereits einige Neuentwicklungen angekündigt, unter anderem den E-Mini sowie weitere Modelle ab 2020. Elektroautos dürften die Antriebstechnologie der Zukunft sein – der BMW i3 hat das Zeug zum perfekten Einstiegsmodell.

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