Marcella Prior-Callwey hat das Verlagswesen mit der Muttermilch aufgesogen. Sie leitet den Callwey Verlag, der 1884 gegründet worden ist, heute in vierter Generation. Ihr Anliegen ist es, Bücher über die schönen Dinge des Lebens zu machen und dabei einen Mehrwert zu generieren.

Seit 2009 leitet Marcella Prior-Callwey den Callwey Verlag, ihr Bruder Dominik Baur-Callwey führt den Fachmedienbereich, der unter Georg Media formiert. «Wir machen Bücher über die schönen Dinge des Lebens», betont Prior-Callwey und verweist auf den Gründervater Georg D. W. Callwey, der 1884 in München den Callwey Verlag gegründet hatte mit dem Anliegen, kulturferneren Haushalten Kunst und Kultur näherzubringen. Angefangen hatte er mit den Magazinen «Der Dürerbund» und «Der Kunstwart». Die aus losen Blättern bestehenden Ausgaben erzielten Auflagen in Millionenhöhe. Sie leisteten einen wichtigen Beitrag zur kulturgeschichtlichen Bildung des mittleren Bürgertums und hatten Einfluss auf die Erziehung der Jugend insbesondere von Studenten. Für den praktischen Bezug ergänzte der Verlag das Programm mit Fachzeitschriften im Architekturbereich und im Garten- und Landschaftsbereich.

Eine Verlegerfamilie mit Herz und Seele
Prior-Callwey ist mit dem Verlagswesen aufgewachsen. «Meine Eltern waren beide im Unternehmen, da ist man als Unternehmerkind eng damit verknüpft. Die Themen des Verlagsalltags wurden offen am Esstisch besprochen und wir hatten öfter Autoren bei uns zu Hause. Bei den Weihnachtsfeiern und Betriebsausflügen waren wir Kinder immer dabei und konnten uns etwas Taschengeld dazuverdienen», erinnert sich Prior-Callwey. Druck hätten die Eltern nie gemacht, dass sie einst den Betrieb übernehmen sollte. Aber kleine, sanfte Wegweiser und Schubser habe es von der Familie schon gegeben, erzählt Prior-Callwey. So war naheliegend, dass sie als erstes eine Verlagsausbildung machte, bevor sie Kunstgeschichte, Betriebswirtschaft und Kultur- und Medienmanagement in Berlin studierte. Nach einem Zwischenjahr in Oxford als Visiting Fellow promovierte sie in Kunstgeschichte und arbeitete währenddessen für eine Kunststiftung. Ein paar Monate Volontariat bei Christie’s und verschiedene Praktika folgten. Und dann war da diese längere, schicksalshafte Vakanz in der Programmleitung des Verlags. «Eigentlich wollte ich gerne erst noch mal andere Dinge anschauen. Doch meine Eltern meinten, das könne doch sehr spannend sein und ich solle es einfach mal für ein paar Monate versuchen, und schon war ich drin im Verlag», erzählt Prio-Callwey und betont: «Es ist eine tolle Aufgabe und eine tolle Verantwortung, die mir bis jetzt großen Spass macht». Das Interesse für die Kunst bringt sie heute in den Büchern zum Ausdruck: «Die Bücher sind in der Mitte zwischen Coffeetable-Book und Ratgeber. Als erstes sind es einfach rundum schöne Bücher, mit denen man sich gerne umgibt, die aber immer einen besonderen Mehrwert generieren. Man sollte eine Erkenntnis daraus ziehen, etwas lernen und etwas Besonderes gezeigt bekommen.»Die

Übernahme des Verlags
Als Marcella Prior-Callwey 2009 die Leitung des Callwey Verlags zusammen mit ihrem Bruder Dominik Baur-Callwey übernahm, war sie bereits im Unternehmen eingebunden und hatte gut mit dem externen Vorgänger-Geschäftsführer zusammengearbeitet. «Es kam der Moment, in dem die Geschäfte nicht mehr rund liefen und die Entscheidung gefällt werden musste: entweder wir übernehmen den Verlag und führen ihn in Familienhand weiter oder man sucht einen Käufer und beendet die Familientradition. Ohne lange nachzudenken, haben mein Bruder und ich die Geschäftsführung übernommen», erinnert sich Prior-Callwey. Damals war sie 34 Jahre alt, ihr Bruder 31. Ihr erstes Kind war noch klein, sie war mit dem zweiten Kind schwanger. Das sei schon eine enorme Belastung gewesen und rückblickend wisse sie nicht, wie sie das geschafft habe. «Ich hatte das Glück, dass mein Mann und ich uns gegenseitig unterstützten und die Themen untereinander verteilen konnten. Gemeinsam hat man eine ganz andere Energie», weiss Prior-Callwey, «das gilt auch für die Arbeit mit meinem Bruder. Wir wollten das unbedingt, haben viel angepackt und verändert.» Auf die Unterstützung der Eltern konnten sich die Geschwister verlassen, sie seien sehr aufgeschlossen für neue Ideen gewesen und hätten sie machen lassen. «Meine Eltern waren leidenschaftliche Verleger, die zu Hause viel über die Probleme im Betrieb gesprochen hatten. Auch über Erfolge und Strategieprozesse. Da haben wir unbewusst schon viel mitbekommen», weiss Prior-Callwey. Schlussendlich gelang ein runder Generationsübergang mit den Teams, die schon da waren und viel Erfahrung im Unternehmen hatten und den neuen Leuten, die man dazu holte, die wertvolles Know-how aus anderen Unternehmen der Branche mitbrachten. In die Führungsrolle ist Prior-Callwey einerseits durch Beratung, Fortbildung und Führungsseminare gekommen. Genauso wichtig sei in diesem Prozess das Bauchgefühl, mit offenen Augen durch die Welt gehen und sich Fehler erlauben, um daraus zu lernen. «Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Entweder man schwimmt oder geht unter», resümiert sie. Aktuell beschäftig der Callwey Verlag um die 30 Mitarbeitenden. Die Hierarchien sind flach, auf Anwesenheit im Büro wird grossen Wert gelegt. Die wichtigsten Merkmale ihres Führungsstils beschreibt Prior-Callwey folgendermassen: «Zugänglichkeit ist das Allerwichtigste. Ich bin immer da und ansprechbar. Das erwarte ich auch von den Mitarbeitenden, deshalb ist mir die Anwesenheit im Büro wichtig. Wir haben sehr schöne Büros, in denen man sich wohlfühlen kann. Dann Teamarbeit. Die wichtigen Entscheidungen werden im Team gefällt. Bei Programmentscheidungen werden bereits von der ersten Ideenrunde an der Vertrieb und die Presse mit eingebunden. Das ist eher ungewöhnlich für die Branche. Klar, am Ende des Tages muss jemand die Entscheidung treffen und die Verantwortung dafür übernehmen. Das läuft dann bei mir zusammen.»

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